Zeitebenen

1945 - 1973

Unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs waren unterschiedliche Gruppen in Deutschland in Bewegung: Dazu zählten Displaced Persons, Evakuierte und Kriegsgefangene. Bis 1950 kamen zudem etwa 12,5 Millionen Geflüchtete und Vertriebene aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten in die 1949 neu gegründeten deutschen Staaten BRD und DDR.
Aufgrund eines Arbeitskräftemangels seit Mitte der 1950er Jahre schloss die BRD
Anwerbeabkommen mit anderen Staaten ab. Das erste wurde 1955 mit Italien unterzeichnet.
Demnach durfte Deutschland in Italien nach Arbeitskräften suchen, die dann in Deutschland arbeiten und nach einem Jahr zurückkehren sollten. Es folgten weitere Verträge mit Griechenland und Spanien (1960), Türkei (1961), Marokko (1963), Portugal (1964), Tunesien (1965), Jugoslawien (1968) und Korea (1970). In der DDR wurden von den 1960er Jahren an bis zur Wiedervereinigung als „Vertragsarbeiter“ bezeichnete Arbeitsmigrant*innen aus sozialistischen Staaten angeworben.
Die Zahl der Angeworbenen in der BRD blieb zunächst relativ niedrig, da auch Migrant*innen aus der ehemaligen DDR in die BRD einreisten und den Arbeitskräftemangel auffingen. Erst nach dem Mauerbau 1961 stieg die ausländische Bevölkerung rapide an. Bereits 1964 feierte man die Ankunft des „millionsten Gastarbeiters“. Eine wirtschaftliche Krise 1966/1967 und damit eine steigende Arbeitslosigkeit führten bundesweit zu kritischen Diskussionen über den Nutzen der Beschäftigung von Ausländer*innen. Bis zum offiziellen Anwerbestopp 1973 hatten etwa 14 Millionen Arbeitsmigrant*innen dieses System der „Gastarbeit“ durchlaufen.

1973 - 1989

Etwa 3,5 Millionen Arbeitsmigrant*innen entschieden sich, dauerhaft in der BRD zu bleiben und holten ihre Ehepartner*innen und Kinder nach. Im Fokus der Regierung stand keine entsprechend auf Dauer angelegte Integrationspolitik, sondern vielmehr Restriktion und Rückkehrförderung. In der DDR wurde noch gezielter darauf geachtet wurde, dass es nicht zu einer dauerhaften Einwanderung kam. Die Arbeitsmigrant*innen in der ehemaligen DDR kamen aus Staaten, die mit der Sowjetunion assoziiert waren. Dazu zählten Vietnam, Mozambique, Angola und Kuba.
Zum Ende der 1980er Jahre zogen verstärkt Aussiedler*innen nach West- und Ostdeutschland. Der Großteil stammte aus der ehemaligen Sowjetunion. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nahm die Zahl ab 1989 noch einmal deutlich zu.
Parallel stieg seit Anfang der 1980er die Zahl der Asylbewerber*innen und erreichte 1992 mit 400.000 einen Höhepunkt. In der politischen Debatte wurde der propagierte „Asylmissbrauch“ zentrales Thema der Auseinandersetzung, wodurch sich auch das gesellschaftliche Klima aufheizte. Rassismus brach sich in den 1980er Jahren in Teilen der Gesellschaft Bahn und gipfelte um 1990 in Gewaltexzessen.

1989 - 2017

Aufgrund des Kriegs im ehemaligen Jugoslawien stiegen die Zahlen der Asylsuchenden Anfang der 1990er Jahren rapide an. Auch vor diesem Hintergrund stieg rassistische Hetze in Deutschland weiter an und führte unter anderem zu Mordanschlägen wie von Hoyerswerda 1991, RostockLichtenhagen 1992, Mölln 1992 und Solingen 1993. Mit dem sogenannten Asylkompromiss wurde 1993 das Recht auf Asyl eingeschränkt. Seit dem Ende der 1990er Jahre führte die allmähliche Einsicht, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist, dazu, dass entsprechende politische Weichen für eine dauerhafte „Integration“ gestellt wurden, so zum Beispiel die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts im Jahr 2000 und das erste Zuwanderungsgesetz im Jahr 2005. Mit letzterem erklärte sich Deutschland faktisch zum Einwanderungsland. Mit Blick auf die aktuelle Migration stehen Geflüchtete im Fokus der Aufmerksamkeit. Ihre Zahl erreichte mit etwa 750.000 im Jahr 2016 einen Höhepunkt seit der Gründung der BRD und sank im Folgejahr auf etwa 220.000. Die Hauptherkunftsländer der Geflüchteten 2016 waren Syrien, Afghanistan, Irak, Iran und Eritrea. Neben den Geflüchteten gibt es wie seit jeher eine Vielzahl unterschiedlicher Gruppen und Migrationsformen: Zu nennen sind beispielsweise Fachkräfte, Hochqualifizierte oder Bildungsmigrant*innen. Von den etwa 82 Millionen Einwohner*innen in Deutschland haben 2017 21 Prozent (17,1 Millionen) einen „Migrationshintergrund“. Bei den Neugeborenen liegt der Anteil in vielen westdeutschen Großstädten zum Teil weit über 50 Prozent.